Fahne weht gegen Gewalt an Frauen

Gleichstellungsstelle hisst Banner zum Internationalen Gedenktag

Um ein lokales Zeichen gegen Gewalt an Frauen zu setzen, hat die Gleichstellungsstelle Mülheim an der Ruhr am Stadthafen die Fahne "Frei leben ohne Gewalt" gehisst. Weltweit wehen in der Zeit rund um den Internationalen Gedenktag "NEIN zu Gewalt an Frauen", 25. November, tausende Terre des Femmes-Fahnen.
Am 25. November 2001 initiierte die Menschenrechtsorganisation für Frauen zum ersten Mal die Fahnenaktion, um ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen zu setzen. Seither wehen die Fahnen und Banner jedes Jahr. Zahlreiche Frauenbeauftragte, Verbände und Ministerien greifen die Aktion auf und tragen sie weiter. Umfassende Informationen und erste Hilfe bei Partnerschaftsgewalt bietet das Hilfetelefon in 18 Sprachen unter der Telefonnummer: 116016 oder www.hilfetelefon.de.

Fahne gegen Gewalt an Frauen weht am Stadthafen.
© Online Team, Referat I - Helena Grebe | Stadt Mülheim an der Ruhr

Häusliche Gewalt ist jede Form von Beziehungsgewalt, die im privaten Bereich stattfindet. Das Bundeskriminalamt (BKA) definiert: "Häusliche Gewalt beinhaltet alle Formen körperlicher, sexueller oder psychischer Gewalt und umfasst familiäre sowie partnerschaftliche Gewalt. Häusliche Gewalt liegt vor, wenn die Gewalt zwischen Personen stattfindet, die in einer familiären oder partnerschaftlichen Beziehung zusammenwohnen. Sie liegt auch vor, wenn sie unabhängig von einem gemeinsamen Haushalt innerhalb der Familie oder in aktuellen oder ehemaligen Partnerschaften geschieht. Damit beinhaltet die Häusliche Gewalt zwei Ausprägungen, nämlich die Partnerschaftsgewalt und die innerfamiliäre Gewalt. Bei der Partnerschaftsgewalt werden die Opfer und Tatverdächtigen betrachtet, die in einer partnerschaftlichen Beziehung waren oder sind, bei der innerfamiliären Gewalt die Opfer
und Tatverdächtigen die in einer verwandtschaftlichen Beziehung zueinander stehen (ohne (Ex-)Partnerschaften)." Bei häuslicher Gewalt gegen Frauen handelt es sich nicht um Einzelfälle. Gewalt gegen Frauen ist ein gravierendes Problem in Deutschland und die Fälle nehmen zu! Rund 35 Prozent aller Frauen sind mindestens einmal in ihrem Leben von physischer und/oder sexueller Gewalt betroffen – so das Ergebnis einer Untersuchung der Europäischen Grundrechteagentur von 2014. Doch nur circa 20 Prozent dieser Frauen nutzen die bestehenden Beratungs- und Unterstützungseinrichtungen. (Quelle: Hilfetelefon.de) 

2023 wurden laut BKA-Lagebericht 6,5 Prozent mehr Opfer Häuslicher Gewalt als im Vorjahr registriert: 256.276 (2022: 240.547), davon 70,5 Prozent weiblich (180.715) und 29,5 Prozent männlich (75.561). 65,5 Prozent der Opfer (167.865) waren von Partnerschaftsgewalt betroffen, 34,5 %von innerfamiliärer Gewalt (88.411 Opfer).

In Mülheim an der Ruhr hat die Polizei für das Jahr 2017 261 Fälle häuslicher Gewalt gemeldet. Die Dunkelziffer in diesem Bereich ist sehr hoch. Diese Zahlen spiegeln das ernüchternde Ausmaß von Gewalt gegen Frauen wider, aber auch, dass sich mehr betroffene Frauen zur Wehr setzen und bereit sind, Hilfsangebote anzunehmen.

Gewalt gegen Frauen
© pixabay / Ulrike Mai | Stadt Mülheim an der Ruhr

Opfer / Täter*in

Um häusliche Gewalt wirksam zu bekämpfen, ist die Zusammenarbeit aller Verantwortlichen in staatlichen und nicht-staatlichen Institutionen erforderlich. Opfer von Partnerschaftsgewalt sind zu fast 80 Prozent Frauen. Das zeigt das BKA-Lagebild Häusliche Gewalt Berichtsjahr 2023. Demnach stieg 2023 die Zahl der Partnerschaftsgewalt in Deutschland um 6,4 Prozent auf 167.639 (2022: 157.550) mit 167.865 (2022: 157.818) Opfern, davon 79,2 Prozent weiblich (132.966) und 20,8 Prozent männlich (34.899). Die Statistik erfasst auch die Deliktstruktur bei den Fällen von Gewalt in Partnerschaften:

  • Vorsätzliche, einfache Körperverletzung: 59,1 Prozent
  • Gefährliche Körperverletzung: 11,4 Prozent
  • Bedrohung, Stalking, Nötigung: 24,6 Prozent
  • Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und Übergriffe: 2,6 Prozent
  • Mord und Totschlag: 0,2 Prozent
  • andere Delikte: 2,1 Prozent

2023 gab es laut One Billion Rising 194 getötete Frauen und Mädchen. Zudem wurden 133 Frauen teils lebensgefährlich verletzt und weitere 22 Frauen mit dem Tode bedroht.

Einkommen, Bildung oder Alter spielen bei Täter*innen und Opfern keine Rolle. Gewaltbeziehungen entstehen nicht von heute auf morgen. Sie entwickeln sich im Verlauf von Monaten und Jahren. Anfangs wird die Gewalt verharmlost, Opfer suchen die Schuld bei sich selbst, bei unbedachten Äußerungen und Handlungen. Die Täter*innen üben Gewalt zur Durchsetzung ihrer Interessen aus. Der Zeitpunkt der Gewaltausübung ist für das Opfer nicht vorhersehbar. Opfer sind somit ständig von der Möglichkeit einer Gewaltanwendung bedroht. Sie erleben ein Wechselbad der Gefühle, weil sich Phasen der Gewaltanwendung mit Reuebekundungen und Beteuerungen der Besserung abwechseln. Den betroffenen Frauen fällt es daher schwer, sich aus Gewaltbeziehungen zu lösen. Die ökonomische Abhängigkeit und Angst vor den Täter*innen, das Gefühl der Verantwortlichkeit für die Familie, Erwartungen und Druck von außen lösen beim Opfer Lähmung und Verwirrung aus.

Gesetzliche Grundlagen

Mit dem Inkrafttreten des Gewaltschutzgesetzes zum 1. Januar 2002 und der gleichzeitigen Änderung des Polizeigesetzes Nordrhein-Westfalen ist ein Paradigmenwechsel bei der Bekämpfung häuslicher Gewalt eingetreten. Opfer können nun in der eigenen Wohnung bleiben, Täter*innen müssen gehen. Seither können Opfer häuslicher Gewalt beim Zivilgericht beantragen, dass die Täter*innen die Wohnung langfristig nicht mehr betreten darf. Darüber hinaus kann den Täter*innen verboten werden, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten und Kontakt zum Opfer aufzunehmen.

Soforthilfe durch das Polizeigesetz NRW

In Ergänzung des Gewaltschutzgesetzes des Bundes hat Nordrhein-Westfalen als eines der ersten Bundesländer ebenfalls Anfang 2002 sein Polizeigesetz geändert. Nach § 34a Polizeigesetz Nordrhein-Westfalen besitzt die Polizei die Befugnis, den*die Täter*in sofort aus der Wohnung zu weisen und ihm*ihr für die Dauer von in der Regel zehn Tagen den Zutritt zur gemeinsam genutzten Wohnung zu verbieten. In dieser Zeit kann sich das Opfer fachkundig beraten lassen oder beim Zivilgericht beantragen, dass ihr*ihm die Wohnung zugesprochen wird. Dieser Zeitraum kann durch einen Antrag beim Amtsgericht verlängert werden.
Auch ohne Strafantrag des Opfers nimmt die Polizei in jedem Fall häuslicher Gewalt eine Strafanzeige auf, die sie zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens an die Staatsanwaltschaft weiterleitet. Der betroffenen Frau legt sie nahe, sich von einer hierfür qualifizierten Einrichtung beraten zu lassen und informiert über entsprechende Angebote vor Ort. Außerdem übergibt sie ihr ein Informationsblatt, in dem die Möglichkeiten zivilgerichtlichen Schutzes erläutert und die örtlichen Beratungseinrichtungen genannt werden. Für die Frauen, die sich in ihrer eigenen Wohnung nicht sicher fühlen, die als Folge der Gewaltsituation ihren Alltag zunächst nicht allein meistern können oder die eine intensive Betreuung benötigen, besteht die Möglichkeit, in einem Frauenhaus Schutz und Hilfe zu suchen. In Schulungen und durch Aufklärungsmaterial wurden die Polizeikräfte in Nordrhein-Westfalen auf diese Aufgaben vorbereitet.

Häusliche Gewalt erkennen

(Quelle: AWO Bundesverband/Petra Rostock)

info

Und in jedem Fall gilt:

Falls Sie Zeuge*Zeugin von Gewalt werden, zum Beispiel Schreie aus einer Wohnung hören, rufen Sie immer sofort die Polizei. Wenn Sie alleine einschreiten, bringen Sie möglicherweise sich selbst und andere in Gefahr.

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