Das Foto zeigt die Kooperationspartner*innen und Impulsreferent*innen des Fachtags zu Toxischen Geschlechterbildern. Von linhs: Hakan Caliskan, Cäcilia Tiemann, Dr. Jens Oboth, Sophia Fritz, Christina Lehr, Simone Krost
© Helena Grebe | Stadt Mülheim an der Ruhr

Toxische Geschlechterbilder: Wie sie (häusliche) Gewalt begünstigen und was wir ihnen entgegensetzen können

Fachtag am Dienstag, 18. November 2025, in der Akademie Die Wolfsburg 

100 Fachkräfte und Interessierte besuchten den Fachtag des Runden Tisches gegen häusliche Gewalt, des Büros für Chancengleichheit, der Akademie Die Wolfsburg und der Zentralen Gleichstellung der Hochschule Ruhr West anlässlich des Internationalen Tags gegen Gewalt an Frauen. Das vielfältige Programm - zwei Impulse und sechs Workshops - sorgte für großes Interesse im Vorfeld. Während und nach der Veranstaltung wurde dem Team ein sehr positives Feedback gegeben. 

Der Mülheimer Antidiskriminierungsbeauftragte Hakan Caliskan beleuchtete intensiv das Thema "Männliche Dominanzvorstellungen als Tor zu Gewalt". Im anschließenden Impuls las und diskutierte die Autorin Sophia Fritz (Buch: Toxische Weiblichkeit) mit ihrer Partnerin Christina Lehr über die "toxischen" Anteile, die Frauen in sich tragen. Da ging es um weibliche Sozialisation, um Anpassungsfähigkeit und Verdrängung - ein Kontrapunkt zum vorhergehenden Impuls. In ihrem Workshop vertieften die beiden ihr Thema mit einigen Teilnehmenden, in anderen Gruppen wurden die Themen "Täterarbeit", "Social Media und die Radikalisierung von Jungen", "Die unterschiedlichen Rollenbilder bei Mädchen und Jungen" sowie "Migration und  Männlichkeit" erarbeitet. In einem kurzen Theaterworkshop vermittelte das Forumtheater Ruhr mit Theatermethoden und Rollenspielen, wie Menschen Gewaltmuster erkennen und ihre Handlungsspielräume erweitern können.  

Social Media andere Einflüsse fördern die Entstehung toxischer Geschlechterbilder, antifeministische und gewaltsame Einstellungen, vor allem auch bei Kindern und Jugendlichen. Das steigert die Tendenz zu gewaltbereitem Verhalten, häuslicher Gewalt und Gewalt in Paarbeziehungen. Jüngere Untersuchen zeigen, dass nicht nur klassische Geschlechterrollenbilder wieder auf dem Vormarsch sind. Überzeugungen vom starken und der Frau übergeordneten Mann gehen dabei oft mit antifeministischen und misogynen Einstellungen einher oder sind für diese anschlussfähig. Gewalt in der Partnerschaft ist für viele kein Tabu mehr, belegen aktuelle Studien. Auf verschiedenen Wegen propagieren politische und religiöse Strömungen die Rückabwicklung emanzipativer Errungenschaften und werben für eine Aufrechterhaltung der Ungleichheit der Geschlechter. Gerade über die sozialen Medien generieren Influencer*innen mit einer antifeministischen Agenda, wie Pickup-Artists oder Tradwifes, eine enorme Reichweite und sorgen mit ihren Forderungen nach “echter Männlichkeit“ und “wahrer Weiblichkeit“ für die Verbreitung toxischer Geschlechterbilder, die verstärkt auch non-binäre Menschen zur Zielscheibe von Abwertung und Hass machen. 
Dieser Trend beeinflusst über die Medien leider auch zunehmend die soziale Entwicklung Kinder und Jugendlicher und kann zu extremen Persönlichkeitsentwicklungen führen, die nur schwer zu korrigieren sind. 
Die Fachtagung griff drängende Fragen auf und versuchte Antworten zu finden: Was kennzeichnet toxische Männlichkeit, was toxische Weiblichkeit? Warum sind diese Geschlechterbilder in verschiedenen Ausdrucksformen für viele Menschen aktuell so attraktiv? Wer sind die treibenden Akteur*innen hinter der Verbreitung toxischer Geschlechterbilder? Inwiefern begünstigen sie (häusliche) Gewalt? Auf der Fachtagung wurden Tipps vermittelt, was im Kontext von Beratung, Schule und anderen Lernorten getan werden kann, um diesem Trend zu begegnen. Denn angemessene Reaktionen und Antworten auf aggressive, antifeministische oder diskriminierende Verhaltensweisen werden immer wichtiger.

Junge Frau sitzt weinend am Tisch, der Partner tobt wütend im Hintergrund und erhebt die Fäuste. Gewalt an Frauen, Gleichstellungsstelle
© Canva | Gleichstellungsstelle

Die ganztägige Fachtagung für Lehrkräfte, Pädagog*innen, Erzieher*innen, Multiplikator*innen in der Beratungs- und Präventionsarbeit sowie interessierte Menschen versuchte Antworten zu finden und Tipps zu geben, wie, vor allem bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, toxische Geschlechterbilder und Verhaltensweisen identifiziert werden können und man lernen kann, mit ihnen umzugehen.

Der Runde Tisch gegen häusliche Gewalt Mülheim an der Ruhr veranstaltete den Fachtag in Kooperation mit der Akademie Wolfsburg, dem Büro für Chancengleichheit (Gleichstellungstelle, Antidiskriminierungsstelle) und der Zentralen Gleichstellung der Hochschule Ruhr West. 

Ort
Katholische Akademie DIE WOLFSBURG
Falkenweg 6
45478 Mülheim an der Ruhr
www.die-wolfsburg.de

Tagesablauf

bis 08:45         Ankommen – Stehkaffee Begrüßung

09:00 - 09:15   Inhaltliche Einführung – Organisatorisches 
Dr. Jens Oboth, Akademiedozent, Die Wolfsburg; Cäcilia Tiemann, Stellv. Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Mülheim an der Ruhr 

09:15 - 10:45   Impulsvortrag und Diskussion: "Wenn ein Mann spricht, wirst Du zuhören!" Männliche Dominanzvorstellungen als Tor zur Gewalt 
Hakan Caliskan, Antidiskriminierungsbeauftragter der Stadt Mülheim an der Ruhr 

10:45              Kaffee – Tee 

11:00 - 12:30  Impulsvortrag und Diskussion: Toxische Weiblichkeit – Wie wir uns zwischen Ohnmacht und Selbstwirksamkeit verorten 
Sophia Fritz, Drehbuch- und Buchautorin Christina Lehr, Psychologische Beraterin in den Bereichen Selbstentwicklung, Partnerschaft und Sexualität 

12:30             Mittagessen im Akademierestaurant 

13:30 - 15:00 Workshops 

Workshop I: Toxische Weiblichkeit – Zwischen Hilflosigkeit und Weiblichkeit. Wie weiblich darf ich sein, ohne mich selbst zu verlieren? 
Sophia Fritz und Christina Lehr 

Workshop II: Täterarbeit: Wie können toxische Rollenvorstellungen verändert / durchbrochen werden? 
Charlene Vogt, Fachkraft für Täterarbeit bei der Caritas Oberhausen 

Workshop III: Tik Toxic – Warum sich Jungs auf Social Media radikalisieren und was wir dagegen tun können 
Fabian Ceska, Detox Identity, Kritische Männlichkeit, Köln

Workshop IV: Gefühle für Mädchen, Technik für Jungs? – Frühe Rollenbilder in Medien und Alltag 
Simone Krost, Zentrale Gleichstellung der Hochschule Ruhr West (HRW) 

Workshop V: Wenn es passiert ist. Mit Theatermethoden Gewaltmuster erkennen, Rollen neu schreiben, eigene Handlungsspielräume erweitern* 
Janna Plate und Marco Tebbe, Forumtheater Ruhr - * Der Theaterworkshop dauert bis 15:30 Uhr

Workshop VI: Migration und Männlichkeit – Wer hat hier das Sagen? 
Burak Yilmaz, Sozialarbeiter, Theaterpädagoge, Autor und Podcaster

15:00              Kaffee – Tee – Kuchen 

15:30 - 16:00  Schlussrunde – Feedback

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